Aktuelle Diabetesfakten und -zahlen
Wer einen Diabetes hat, kennt sie: die Diabetesassistentinnen und -assistenten, Diabetesberaterinnen und -berater. Sie übernehmen bereits heute viele Aufgaben, wenn es um das Betreuen und Schulen von Menschen mit Diabetes geht, sei es in Arztpraxen oder in Kliniken. Was sie dabei tun dürfen, ist klar geregelt.
Im vergangenen Jahr haben sich durch neue Vorgaben aus Gesetzen die Rahmenbedingungen für Gesundheitsfachberufe verändert. Diese betreffen auch den Bereich der Berufe in der Diabetesbetreuung. „Hierdurch ergab sich ein besonderer Bedarf, die Aufgaben der Diabetesfachkräfte hervorzuheben und alle Leistungen transparent zu machen“, so die VDBD-Vorstandsvorsitzende Kathrin Boehm. Die neuen Rahmenempfehlungen zur interprofessionellen Diabetesversorgung geben eine Übersicht über die Möglichkeiten, heilkundliche Tätigkeiten zu übertragen. Grundlage ist der Rahmenvertrag zu den Modellvorhaben nach § 64d des Sozialgesetzbuchs (SGB) V.
„Wir haben uns an den Kompetenzen von Diabetesberate/innen und Diabetesassistent/innen orientiert, verdeutlichen aber auch die Grenzen dessen, was delegiert werden kann“, erklärt Boehm. In der Präambel der Rahmenempfehlungen heißt es: „Neben den objektiv messbaren fachlichen Qualifikationen sollen auch die subjektiven menschlichen Fähigkeiten wie Empathie und Teamfähigkeit berücksichtigt werden, die in diesem Dokument nicht explizit genannt sind. Es liegt im Ermessen der delegierenden Ärzte/innen, basierend auf haftungsrechtlichen Gesichtspunkten, wie weit sie bereit sind, Verantwortung zu übertragen.“
Der VDBD nimmt die Rahmenempfehlungen zum Anlass, um auf die Bedeutung der Diabetesberatung in Klinik und Praxis hinzuweisen. „Wir begrüßen die aktuelle Entwicklung, Gesundheitsfachberufe in ihrer Kompetenz zu stärken und ihnen damit mehr Verantwortung zuzusprechen. Gleichzeitig wünschen wir uns aber auch, dass bereits bestehende, funktionierende Strukturen bei der künftigen Versorgungsplanung berücksichtigt werden. Mit den Diabetesberatern und Diabetesassistenten gibt es bereits hochkompetentes Fachpersonal, das mehr genutzt und gefördert werden sollte, um unserem Gesundheitssystem auch in Zukunft zur Verfügung stehen zu können“, erklärt VDBD-Geschäftsführerin Dr. Gottlobe Fabisch. „Dem Druck durch Personalmangel in Klinik und Praxis können wir nur entgegenwirken, wenn die Verantwortung auf mehrere Berufsgruppen verteilt wird – also weg vom berufszentrierten hin zum bedarfsorientierten Denken!“.
In Deutschland ist die Zahl der Menschen mit Diabetes mellitus Typ 2 erneut gestiegen. Allein vom Jahr 2021 auf 2022 gab es einen Zuwachs um 95.450 auf 7,29 Millionen Betroffene. Das geht aus aktuellen Daten des BARMER Instituts für Gesundheitssystemforschung (bifg) hervor. Demnach ist bundesweit der Anteil der Betroffenen in den vergangenen zehn Jahren von 8,04 auf 8,65 Prozent gestiegen. „Deutschland scheint die Zuckerkrankheit nicht in den Griff zu bekommen. Der nationalen Diabetes-Strategie muss endlich mehr Bedeutung zukommen. Sie soll den Menschen helfen, durch einen gesunden Lebensstil diese Krankheit zu vermeiden oder zumindest ihre Auswirkungen zu lindern“, so Prof. Dr. med. Christoph Straub, Vorstandsvorsitzender der BARMER.
Insbesondere die ostdeutschen Bundesländer sind betroffen
Den bifg-Daten zufolge gibt es starke regionale Unterschiede in der Betroffenheit mit Diabetes mellitus Typ 2. Am weitesten unter dem Bundesdurchschnitt von 8,65 Prozent liegt Hamburg mit 6,1 Prozent. Dagegen kommt die Zuckerkrankheit in den ostdeutschen Bundesländern überdurchschnittlich oft vor. Sachsen-Anhalt hat die meisten Zuckerkranken. Hier wurde bei 13,4 Prozent der Bevölkerung Diabetes mellitus Typ 2 festgestellt. Der Wert liegt 55 Prozent über dem Bundesdurchschnitt – warum ist das so?
Die Ursachen sind hierfür zum Einem die hohe Arbeitslosigkeit und damit auch die fehlenden finanziellen Mittel für gesunde Ernährung sowie auch der zunehmende Facharztmangel zu sehen.
Sachsen-Anhalt scheint die „Zuckerkrankheit nicht in den Griff“ zu bekommen, sagt der Landesgeschäftsführer der Barmer Axel Wiedemann. Hier ist dringend weitere Aufklärung zu leisten. Bei den Altersgruppen weisen die BARMER-Daten vor allem für Ältere hohe und zugleich steigende Betroffenenraten aus. Bei den 70- bis 79-Jährigen gab es demnach in den Jahren von 2013 bis 2022 einen Zuwachs von 24,5 auf 25,9 Prozent. Bei den 80- bis 89-Jährigen veränderte sich die Rate in derselben Dekade von 27,1 auf 29,0 Prozent. Die größte Steigerungsrate innerhalb von zehn Jahren gab es aber in der Gruppe der 40- bis 49-Jährigen. Dort stieg der Anteil von 3,4 auf 3,9 Prozent. Das entspricht einem Anstieg von 14,8 Prozent.
Medikamentenmangel bleibt aktuell
Die Apothekenkammer Sachsen-Anhalt hat deutlich kritisiert, dass es in Deutschland nach wie vor einen Mangel an bestimmten wichtigen Medikamenten gäbe.
Der Präsident der Apothekenkammer Sachsen-Anhalt Dr. Jens-Andreas Münch hat gegenüber dem MDR deutlich gemacht, dass die Politik zwar angekündigt hat, wieder mehr Medikamente in Deutschland produzieren zu lassen. Tatsächlich ist in dieser Sache wenig passiert. Derzeitig sind ca. 501 Medikamente (Stand September 2024) nicht lieferbar, unter anderen auch Diabetesmedikamente, Grippe- und Erkältungsmittel und Antibiotika. Selbst für simple Kochsalzlösungen wird aufgrund des zunehmenden Mangels Alarm geschlagen.
Hier zeigt sich deutlich in welcher Abhängigkeit sich Deutschland befindet, was nicht nur Gas und Strom betrifft. Dies ist auf die fehlerhafte Politik der letzten Jahre zurückzuführen und muss dringend geändert werden. Weil wir über Jahrzehnte unsere Produktionsstrecken ins billige Ausland verlegt haben, sind ungünstige Abhängigkeiten entstanden. Die Billigmentalität ist ein generelles Problem in unserer Gesellschaft und hat nicht nur die Arzneimittel-Hersteller erfasst.
Aktuell wird die Uhr zurückgedreht und in der EU werden wieder Produktionskapazitäten aufgebaut. Das braucht aber Zeit und ist auch nur “einfach” möglich bei Medikamenten, die keinen Patentschutz mehr haben, also bei den Schmerzmittelklassikern oder vielen Antibiotika.
Hier muss die Politik schnellstens im Interesse der Bevölkerung Möglichkeiten finden und diesem negativen Trend entgegenwirken. Etwas anders ist die Sachlage bei neuen Medikamenten.
Noch ein Wort zu der beabsichtigten „Chroniker Pauschale“.
Bisher wird in der „Chroniker Pauschale“ der zeitliche Aufwand des Arztes abgebildet, der sich um den Menschen mit Diabetes kümmert und die strukturierte Versorgung wie vom DMP vorgegeben organisiert. Jetzt wird der Organisationsaufwand zusammengefasst, der Patient „muss“ nur noch einmal im Jahr zu einem Arztgespräch in die Praxis kommen, damit seine Folgeverordnungen dann ohne weiteren Kontakt fortgesetzt werden können. Bisher war die notwendige Folgeverordnung mindestens einmal im Vierteljahr ein Aufhänger für den persönlichen Kontakt mit dem Patienten. Somit ergab sich automatisch die Gelegenheit, einen HB1c-Wert zu bestimmen, die Blutzuckerwerte anzusehen, auf potenziell schlechtere Nierenwerte zu achten oder ein beginnendes diabetisches Fußsyndrom zu identifizieren. Eine engmaschige Intervention war somit möglich, wenn der Mensch mit Diabetes sich nicht ausreichend um seine chronische Erkrankung kümmern konnte. Wir fordern die Politik auf: Lassen Sie die Menschen mit Diabetes nicht im Regen stehen! Nur gemeinsam können wir das Schaffen. Packen wir es an!
Frank-Burkhard Biester
Landesvorsitzender